Am 22. November 1959 hatte „Unser Sandmännchen“ seinen ersten Auftritt auf ostdeutschen Bildschirmen. Die Fernsehansagerin Käthe Zille hatte die Premiere am Vorabend angekündigt: „Um 18.55 Uhr kommt unser Sandmännchen und wird den kleinen Zuschauern Gute Nacht sagen.“
Sandmännchens Fahrzeugerfinder und Konstrukteur Harald Serowski hat einen sagenhaften Fuhrpark geschaffen. Hintergründiges, Anekdotisches und Historisches zu Sandmännchens Auftritten hat Dr. Volker Petzold aufgeschrieben.
Wenn es galt, sich in Freizeit und Urlaub sinnreich zu betätigen, war der Sandmann bei den Kindern in der DDR immer gern dabei. Dabei waren die Interessen der Jüngsten im Lande so verschieden zu denen anderer Länder nicht.
Nicht nur zum Herumklettern in den Bergen bot das Elbsandsteingebirge Gelegenheit, auch die Elbewiesen ließen Platz genug für Camping, Sport und Spiel.
Wenn auch ein Hochgebirge der DDR nicht vergönnt war - dazu musste der sportlich-aktive Bürger mindestens ins benachbarte Polen oder in die CSSR reisen -, so kraxelten doch viele gern in den mittleren Lagen herum.
Naturverbundenes Camping in allen Gegenden der DDR war eine allseits beliebte Art, den Urlaub zu verbringen - und dies nicht nur mangelnder Pensions- oder Hotelkapazitäten wegen.
Körperertüchtigung wurde in der DDR vor allem für Kinder und Jugendliche großgeschrieben. In einem breit gefächerten und ausgeklügelten System von Massen- und Leistungssport sowie großzügig geförderten Sport- wie Schwimmanlagen kamen nicht nur alle in den Genuss von Körpererziehung, sondern es wurden gleichzeitig die Grundlagen für die Erfolge bei internationalen Wettkämpfen und Olympiaden gelegt.
Nicht nur einmal demonstrierte der Sandmann seine Vorliebe für modernes Wohnen. Nur kurze Zeit nach der Beschließung des Wohnungsbauprogrammes, das die Lösung des Wohnraumproblems in der DDR bis 1990 verkündete, verstreute er seinen Traumsand in verschiedenen Plattensiedlungen. Die Filmschöpfer suchten dabei, die Architektur so detailgerecht wie möglich nachzugestalten.
Der Segelspaß mit Drachengleitern (die fallschirmähnlichen "Paragleiter" befanden sich weltweit erst in der Entwicklung) gehörte in der DDR zu den nicht so gern gesehenen Sportarten.
Mit zünftiger Brille und windschlüpfrigem Helm sauste der Sandmann zu Anfang der Achtziger über ein Motocross-Gelände, unter sich ein Fahrzeug, das wohl zu den eigentümlichsten Schöpfungen seiner Fortbewegungsmittel gezählt werden kann.
Neben dem Austragungsort Moskau tummelten sich die Olympioniken im Hochsommer 1980 auch auf den Gewässern rund um Tallinn, der damaligen Estnischen SSR.
In Moskau hatten die Verantwortlichen zu den XXII. Olympischen Sommerspielen alles so schön hergerichtet, und letztlich traten 56 Staaten dieser Erde nicht zum großen Sportspektakel an, das vom 19. Juli bis 3. August 1980 ausgerichtet wurde.
Das Reisen, sommers wie winters, gehörte zu den bevorzugten Tätigkeiten des Sandmannes - er kam und ging, und sehr oft geschah dies in fremden Ländern.
Einfacher für den "Ostler" zu bereisen als die Ferne, wenn auch sozialistische Karibikinsel war das sonnige Bulgarien, obgleich mit tiefen Eingriffen in die Geldbeutel verbunden.
Die Gefahr, die in den Achtzigern mit "Solidarnosz" aus Polen herüberwehte, war noch fern, und so konnte der Sandmann ungehindert ins befreundete Nachbarland reisen, um den dortigen Kindern seine Märchen zu erzählen.
Die untergehende Sonne glühte wie roter, scharfer Paprika, da zog es den Sandmann, wie Tausende von DDR-Bürgern jährlich auch, wieder einmal zu den Magyaren.
In den siebziger Jahren vertiefte sich das Verhältnis zwischen Kuba und der DDR immer mehr, nachdem sich nun auch der lateinamerikanische Inselstaat endgültig dazu durchgerungen hatte, sich zum sozialistischen Lager zugehörig zu fühlen.
In eine völlig eigene Landschaft und Kultur führte der Sandmann die Kinder im Jahre 1976. Obgleich zum "sozialistischen Lager" gehörig, verband man mit der Mongolei eher fremdartige Exotik und ferne asiatische Gebräuche.
Seine Solidarität mit dem vietnamesischen Volk bekundete 1970 der Sandmann, während der Vietnamkrieg sich auf dem Höhepunkt befand und noch gut drei Jahre andauern sollte.
Nach Moskau und Bulgarien führte den Sandmann eine der frühen Reisen, die er ins sozialistische Ausland unternahm, ins "befreundete" Ungarn, den ersten, zaghaften Reisewünschen der DDR-Bürger Rechnung tragend.
Diplomatisch ließ der Sandmann seinem Staatsoberhaupt den Vortritt, bevor er selbst mit seiner Dschunke, einem altchinesischen Segelschiff mit Mattensegel, ins Land der aufgehenden Sonne reiste und im japanischen Stübchen mit der Family gemütlich Tee trank.
An den Brennpunkten dieser Welt war der Sandmann immer zugegen. Als er auf einem Kamel "nach Kairo" ritt, befand sich Ägypten, in den Wirren des Nahostkonflikts geschüttelt, gerade in einer Wende.
Als der Schlafbringer im Jahre 1960 zum ersten Mal mit einem Auto aus dem Märchenland heranreiste - es war noch ein reines Phantasiefahrzeug -, ahnte er sicher noch nicht, welche Automobilistenkarriere er für die nächsten Jahre vor sich hatte.
Fünf Jahre nach seinem ersten Auftritt auf der Baustelle um den Berliner Alexanderplatz feierte der Sandmann erneut Republiksgeburtstag, nun mit farbigem Feuerwerk.
Wie schnell die Sandmann-Schöpfer im Jahre 1964 auf den neuen "Trabant" reagierten, ersieht man allein daraus, dass im Drehbuch lediglich noch von "einem Auto" die Rede war.
Obgleich der Sandmann bisher nur mit DDR-Fahrzeugen zu den Kindern gekommen war, erlaubte er sich 1970 seine erste und einzige Ausnahme.
Quelle: rbb
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Getreu der Bedeutung, die die Welt der Arbeit für den Sandmann hatte, ließ er es sich auch nicht nehmen, mit den entsprechenden Spezialfahrzeugen zu seinen "Dienst-Terminen" anzureisen. Dabei berücksichtigte er ebenso die Aufgaben der Stadt wie die in der Landwirtschaft.
Im Jahre 1970 demonstrierte der Sandmann ein neuartiges Transportsystem, das seinerzeit die Wirtschaft auch im Osten Deutschlands revolutionierte: den Container-Verkehr.
Den noch bestehenden "Unterschied zwischen Stadt und Land" in der DDR ignorierend, rüstete der Sandmann sich bereits sehr früh zum Aufbruch in die Landwirtschaft, einem Schlüsselbereich bei der Versorgung der Bevölkerung.
Als sich der Drachen eines kleinen Jungen am Balkon eines Neubaus verhedderte, wurde von seiner kleinen Freundin geistesgegenwärtig die Feuerwehr gerufen. Den Alarmeinsatz leistete - der Sandmann mit einem "Spezialsandmannfeuerwehrauto".
Zu Anfang der 60er Jahre wurden in der DDR, einhergehend mit zunehmender Elektrifizerung der Strecken, nach und nach die alten Dampflokomotiven durch modernere, umweltfreundliche Elektrotraktionen abgelöst.
Nach dem Vorbild der Sowjetunion, wo seit 1935 in größeren Städten insgesamt 30 Kinder- und Pioniereisenbahnen errichtet wurden, begann man auch in der frühen DDR mit dem Bau solcher Anlagen.
Der Anblick dieser Straßenbahn, deren Kurbel der Sandmann im Jahre 1965 hurtig betätigte, war den Kindern in vielen Städten der DDR wohlvertraut, so in Berlin, in Karl-Marx-Stadt, in Plauen, in Rostock, Dresden oder in Halle/Saale.
Wenn einige in diesem Gefährt auch die Berliner S-Bahn zu erkennen meinten und im Drehbuch von einem "Eisenbahntriebwagen" die Rede war, so handelte es sich bei dem kleinen Zug, den der Sandmann so würdevoll steuerte, doch eindeutig um den berühmten Schienenbus, der Ende der 50er Jahre auch in der DDR seinen Einzug hielt.
Angeregt durch in der DDR erschienene, prächtig ausgestattete Buchausgaben schufen die Sandmannschöpfer bereits zu Ende der 70er Jahre einige Folgen, in denen sie Motive aus dem reichen und weit verzweigten Schatz russischer Volksmärchen verwendeten.
Generös nahm der Sandmann das arme Mädchen auf seiner einspännigen Gutskutsche mit, nachdem beide pflichtbewusst die Äpfel zusammengelesen und das Brot aus dem Backofen geholt hatten.
Auf einem einfachen Karren herbeigeeilt, errettete der Freund aller Kinder das Geschwisterpaar Hänsel und Gretel aus den Krallen der bösen, schließlich zu knusprigen Braten gegrillten Hexe.
Den polnischen Teil der Hohen Tatra schätzte der Sandmann so, dass er die dortigen Kinder insgesamt gleich viermal, sommers wie winters, besuchte. In dieser letzten Folge der kleinen Serie war ursprünglich wieder, wie bereits zweimal geschehen, die Seilbahn als Zubringer vorgesehen.
Nachdem der Sandmann bereits 1965 im Geiste des Fortschritts mit einem motorisierten Schlitten, einem propellergetriebenem Kufenfahrzeug, in winterliche Gefilde reiste, hatte er 1973 vor weihnachtlicher Kulisse eine neue Errungenschaft zu präsentieren: einen schnittigen Motorschlitten. Er hing so an diesem Gefährt, dass er es noch zweimal benutzen sollte.
Im Jahre 1973 stattete der Sandmann zum zweiten Mal den beiden Märchen-Geschwistern Schneeweißchen und Rosenrot einen Besuch ab. Diesmal kam er zu tiefster Winterzeit mit einem bei allen Kindern beliebten Hörnerschlitten.
Ein Jahr nach seinem Pony-Schlittenauftritt kurvte der Sandmann so scharf mit seinem Segelschlitten über das Eis, das man das Knirschen der Kufen deutlich vernehmen konnte.
Mit vierzig Folgen, in denen der Sandmann auf Zweiradfahrzeugen angeprescht kam, gehörte dieses Fortbewegungsmittel zum am häufigsten benutzten in seiner "Laufbahn".
Welchen Typ eines Motorrollers der Sandmann hier benutzte, ist ungewiss, auf jeden Fall war er vorschriftsmäßig mit einem schnittigen Integralhelm ausgerüstet.
Und auch dies gab es: Völlig unspektakulär ließ sich der Sandmann mit seinem ganz normalen Fahrrad auf einer Flußfähre übersetzen, um den Kindern eines einsamen Fischerhauses "Gute Nacht" zu sagen.
Im Jahre 1969 radelte der Sandmann mit einem hölzernen Hochrad zu den Heinzelmännchen. Damit griff er zum zweiten Mal in die wundersame Kiste der Fahrradhistorie.
Wenn es seinerzeit in der DDR allgemein hieß, dass mit den Simson-Mopeds aus Suhl eine neue Welle der Motorisierung eingeleitet wurde, so hatte der Sandmann daran tatkräftigen Anteil.
Der Sandmann war nicht nur der Freund der Kinder, sondern auch der Tiere. Mit ihnen verstand er sich so prächtig, dass sie ihm sehr oft, unter strikter Beachtung des Tierschutzes, ihre Hilfe zur Fortbewegung anboten. Und es waren nicht nur Esel ...
Auch für Aschenputtel hatte der Sandmann ein paar Minuten Zeit. Während sie mit ihren Tauben und mit Körnersortieren beschäftigt war, schwang er sich als später Besucher heimlich auf einem großen Vogel zu dem fleißigen Mädchen.
Sind in den heimatlichen Landen Kreaturen vom Schlage eines Esels eher etwas Seltenes, so konnte sich der Sandmann auf dem fernen Balkan durchaus dieses Tieres versichern, um, vom Schwarzen Meer kommend, heil zu den wartenden bulgarischen Kindern zu gelangen.
Als mutiger Fußgänger agierte der Sandmann in der bekannte Kinderoper "Peter und der Wolf" von Sergej Prokofiew. Der zähnefletschende Wolf wurde selbstverständlich in die Flucht geschlagen.
In aller Bescheidenheit zog der Sandmann sein kleines Handwägelchen, aus dem er ein paar Eicheln hervorzauberte, um die Wildbache mit ihren Ferkeln zu füttern.
Spätestens hier war es zu erfahren: Es war nicht der junge und schöne Königssohn, der "alle Abend zu ihr kommen sollte", sondern der Sandmann, der an Rapunzels Haaren hinauf zu ihr in den Turm stieg.
Die vier berühmten "Bremer Stadtmusikanten" waren so arm, dass sie sich kein Fahrzeug leisten konnten. Der Sandmann war mitfühlend und besuchte sie ebenfalls zu Fuß.
Bereits sehr früh betätigte sich der Sandmann als Charmeur. Mit dem in der DDR seltenen Luxus eines eigenen Segelbootes war es ihm ein leichtes, die Herzen der liebreizenden Puppenmädchen zu erobern.
Im Jahre 1981 wagte sich ein Abenteurer auf hohe See und tuckerte einen Leuchtturm an, wo ihn der Wärter mit seinem Sohn Hein empfing. Der Sandmann hatte seinen Kutter durch dichten Nebel zu manövrieren, doch dies meisterte er glänzend.
Imposante Raddampfer mit Tausenden von Urlaubern tuckern jährlich auf der Elbe durch das Elbsandsteingebirge, nach zwei Schweizer Malern aus dem 18. Jahrhundert auch "Sächsische Schweiz" genannt.
An der Mole von Warnemünde nahm sich der Sandmann als Lotse nach schwerem Dienst für einen Ozeanriesen noch eine Prise Zeit, um den Hafenkindern "Gute Nacht" zu sagen.
Zweimal bestieg der Sandmann das FDGB-Urlauberschiff "MS Völkerfreundschaft", mit dem viele aus dem Osten Deutschlands über die Weltmeere schipperten. Einmal durchpflügte er sogar als Taucher Neptuns Reich, um an Bord des begehrten Klippers zu gelangen.
Nicht nur einmal begab sich der Sandmann auf Streifzug unter Wasser und auf dem Meeresboden, um den Kindern auf diesem Wege den Gruß zur Nacht zu bringen.
Mit dem ersten Hubschrauber im Jahre 1960 begann die "technische Laufbahn" des Sandmannes und die "Eroberung der Luft". Das Vehikel war allerdings noch ein reines Phantasieprodukt, ohne jegliches Vorbild in der Realität.
Gut 90 Jahre, nachdem sich das erste Luftschiff Ferdinand Graf von Zeppelins in die Luft erhob, steuerte auch der Sandmann solch ein monströses Flugobjekt an den Wolkenschäfchen vorbei.
Zum wiederholten Mal stattete der Sandmann der Leipziger Messe einen Besuch ab. Diesmal traf er mit einem technisch geradezu umwälzenden Luftfahrzeug ein und wurde vom "Messemännchen" eingewunken.
Der Hubschrauber, mit dem der Sandmann 1969 über Dom und Severikirche zur internationalen Gartenschau "iga" von Erfurt flog, war bereits eine kühne Weiterentwicklung seines allerersten, rotorgetriebenen Luftfahrzeuges.
Der Flug in den Kosmos ist ein alter Traum der Menschheit, der reale Weg dorthin indes weniger von Phantasie denn von wissenschaftlich-technischer und organisatorischer Leistungsfähigkeit der Menschen bestimmt.
Mit ihren seit Ende der sechziger Jahre eingesetzten "Sojus"-Raumschiffen führte die Sowjetunion eine nahezu massive Anzahl von Kopplungs- und Umstiegsmanövern im Weltraum fort, die alle dem großen Ziel der Entwicklung von leistungsfähigen Weltraumstationen dienten.
Während die Amerikaner Edwin Aldrin, Neil Armstrong und Michael Collins am 20. Juli 1969 mit "Apollo 11" die erste bemannte Mondlandung in der Geschichte der Menschheit vollführten und somit einen weiteren Markstein im Wettlauf zwischen Ost und West um den Kosmos gleichsam in das Lunagestein rammten, richtete die Sowjetunion ihre Anstrengungen neben der Entwicklung von Raumstationen mehr auf automatisierte, unbemannte Systeme zur Erforschung ferner Himmelskörper.
Bereits ein Jahr nach seinem ersten Weltraumabenteuer offenbarte der Sandmann erneut seine ungeheure Kühnheit, indem er mit einer verbesserten Rakete in einem Neubaugebiet landete, Fortschritt somit auf doppelte Weise demonstrierte.
Mit der Einbeziehung von Kosmonauten aus anderen sozialistischen Ländern weitete die UdSSR 1978 ihre als "Interkosmos-Programm" getauften Weltraumexperimente aus.
Als im Jahre 1978 mit Sigmund Jähn der erste Deutsche in den Weltraum gestartet war, durfte auch der Sandmann daran teilnehmen. Und dies gleich im mehrfachen Sinne. Nicht nur, dass rechtzeitig ein entsprechender Vor- und Abspann "Interkosmos" produziert wurde, der pünktlich für die Kinder auf den Sender kam, nein, der Sandmann flog tatsächlich selbst in den Weltraum.
Während die Amerikaner zielstrebig den ersten bemannten Mondflug anpeilten, um somit ihren kommunistischen Kontrahenten im Weltraum Paroli zu bieten, setzte die Sowjetunion ihr ganzes wissenschaftlich-technisches Potential auf die Entwicklung leistungsfähiger Weltraumstationen.